10-15km, 1000m-1500m, 2024, 5-8h, Chugoku 100, Japan 200, Okayama, Tottori

Kamihiruzen / 上蒜山

Als ich vor einigen Jahren den Daisen bestieg, habe ich den daneben gelegenen Hiruzen 蒜山 auf der Karte gesehen und immer im Hinterkopf gehabt, einmal in die Region zurückzukehren. Dieses verlängerte Wochenende (三連休) war es Zeit, dem Hiruzen Hochland (蒜山高原) einen Besuch abzustatten. Dabei begann das Wochenende gar nicht so gut, denn den kompletten Samstag wütete ein Sturm über Westjapan, der Massen an Regen brachte. Der Anflug auf den Flughafen Tottori war demnach von der Unsicherheit geprägt, überhaupt landen zu können. Vor dem Abflug hieß es, dass im Fall einer schwierigen Landung entweder nach Osaka ausgewichen wird oder der Flug einfach wieder zurück nach Tokyo geht. Zum Glück ist die Landung gelungen, wenn auch sehr unruhig und wackelig.

Der Hiruzen ist eigentlich kein Berg, sondern eine Bergkette, die sich sehr markant nördlich des Hiruzen-Hochlandes langzieht. Die drei Hauptspitzen sind der Kamihiruzen (上蒜山, dt. Hoher Hiruzen), der Nakahiruzen (中蒜山, dt. Mittlerer Hiruzen) sowie der Shimohiruzen (下蒜山, dt. Unterer Hiruzen). Alle drei Spitzen zu erklimmen ist ein nicht einfaches Unterfangen und erfordert gute Planung und auch Ausdauer. Ich nahm mir vor, zunächst die höchste Spitze, den Kamihiruzen, zu besteigen.

Am Sonntag dann machte ich mich auf vom Parkplatz des Wanderweges zum Kamihiruzen (上蒜山登山口駐車場), welcher bereits auf ca. 550 Höhenmetern liegt. Zunächst geht es Richtung Berg auf relativ einfachem Terrain. Nach ca. 15 Minuten kommt man an einer Farm vorbei, wo man auch Kühe grasen sieht. Um durch das Areal zu kommen, muss man an der Farm und an dem elektrischen Zaun vorbei und nach einer kurzen Zeit auf einer offenen Wiese sieht man schon den Eingang zum Wald. Von hier aus startet der eigentliche Hike. Die ersten 30-40 Minuten sind relativ steil, zunächst noch mit Treppen versehen, später aber nicht mehr durchgehend. Man kann ab und an beim Blick zurück die Umgebung und die zurückgelassenen Kuhweiden ganz gut sehen. Nach einer ganzen Weile steil nach oben und ungefähr 600 Höhenmetern Anstieg kommt man schließlich auf der ersten Spitze an, dem Yarigamine (槍が峯), welcher auf ca. 1100m liegt. Der Gipfel ist relativ frei und es kann ab dort etwas windig werden. Vom Yarigamine kann man den Kamihiruzen und auch den Nakahiruzen bereits sehen. Man sollte den Ausblick genießen, denn die Spitze des Kamihiruzen ist bewachsen und hat keine richtige Aussicht. Zum Kamihiruzen sind es dann nur noch 20 Minuten und der Anstieg ist relativ moderat. Auf dem Gipfel angekommen, gehen dort 2 Wege ab. Nach links geht es zum Triangular Point (der Marker für die Bergvermessung) für den Kamihiruzen, der hier nicht auf dem eigentlichen Gipfel liegt, sondern 10 Minuten entfernt. Der Weg ist anscheinend nicht oft begangen und auch zugewachsen mit Gras, also beschloss ich, mich diesen auszulassen. Folgt man der Gabelung zur rechten Seite, geht es Richtung Nakahiruzen.

Eigentlich wollte ich nur auf den Kamihiruzen, aber da ich relativ gut in der Zeit lag und oben auf dem Gipfel einen älteren Herrn aus Okayama und sein Enkel getroffen habe, die von der anderen Richtung gekommen sind, entschloss ich mich, noch hinüber zum Nakahiruzen zu gehen. Die Karte sagte ca. 1h Weg voraus, es sah jedoch gar nicht so weit aus. Kurz nachdem ich den Weg begonnen hatte, wusste ich auch warum. Der Weg vom Nakahiruzen zum Kamihiruzen ist enorm steil. Eisenketten helfen zwar beim Klettern, aber an dem Tag war es vom stürmischen Vortag noch extrem nass und rutschig. Hätte ich das gewusst, hätte ich den Weg wahrscheinlich in die andere Richtung genommen. Aber nun gut, so war ich einmal da und wollte hinüber auf den Nakahiruzen. Nach einem schweißtreibenden Abstieg kam ich endlich auf dem Berggrat an, von wo es dann sehr angenehm wurde. Die Sicht auf den Nakahiruzen zwischen den Bergen ist sehr schön, sodass ich froh war, diesen Weg gegangen zu sein.

Auf dem Nakahiruzen angekommen erspähte ich die Emergency-Hütte und kurz dahinter den Gipfel. Dieser bietet, im Vergleich zum höheren Nachbarn, eine relativ freie Sicht auf das Umland, inklusive dem Hiruzen-Hochland, das sich direkt vor den Hiruzen-Bergen erstreckt. Nach kurzer Rast startete ich dann den Abstieg. Ich hatte kurz überlegt, auch den Shinohiruzen, den kleinsten der drei Hiruzens, mitzunehmen, aber ein Blick auf die Karte und die Zeit sagte mir, dass dies keine gute Idee wäre. Der Shimohiruzen ist ca. doppelt so weit entfernt vom Nakahiruzen wie der Kamihiruzen und verlängert die Tour somit um mehrere Stunden. Das andere Problem ist das Zurückkommen zum Kamihiruzen-Parkplatz. Während der Parkplatz zum Nakahiruzen in Laufreichweite vom Parkplatz des Kamihiruzen ist (wenn auch ca. 1 Stunde entfernt), hätte ich nicht gewusst, wie lange es vom Parkplatz des Shimohiruzen gedauert hätte. Es gibt Hiker, die eine Traverse über die komplette Strecke machen und dabei alle drei markanten Spitzen mitnehmen, allerdings glaube ich, dass sie dies nicht mit dem Auto machen, sondern es evtl. Busstationen in der Nähe beider Enden gibt. Der Abstieg vom Nakahiruzen gestaltete sich etwas schwierig durch die rutschigen Steine und die vielen Pfützen, die dem Regen am Vortag zu verdanken sind. Einmal kurz vor Ende habe ich mich auch komplett in die Pfütze gelegt, ein Umstand, der mir viele Blicke auf dem Weg zurück eingebracht hat.

Der Weg unten zurück entlang der Straße war relativ einfach, und man hat noch einmal die komplette, sehr imposante Bergkette von der Seite gesehen. Auf halbem Weg gab es eine Raststation für Autos (道の駅), daher hatte ich gehofft, dort etwas zu essen zu bekommen. Allerdings war der einzige Laden ein Bäcker, bei dem um 3 Uhr nachmittags bereits das komplette Sortiment des Tages leergekauft wurde. Auf dem Weg zurück traf ich auch den älteren Herrn mit seinem Enkel auf der Straße wieder. Beide haben den Abstieg vom Kamihiruzen genommen und somit den gleichen Weg wie ich, nur in entgegengesetzter Richtung (anhand der sehr steilen Klettereinlage vor dem Kamihiruzen die bessere Entscheidung, wie ich finde). Nach über 6 Stunden schließlich zurück am Auto suchte ich dann noch etwas zu essen im Umfeld. Nur ein paar Minuten Autofahrt entfernt fand ich eine kleine lokale Yakisoba-Bude, wo nur eine Handvoll Leute reinpasst. Der Betreiber dort ist sehr nett und grillt direkt auf seiner heißen Platte (Teppan 鉄板) vor den Gästen. Ich nahm das (anscheinend berühmte) Hiruzen Yakisoba 蒜山焼きそば, ein sehr leckeres Gericht und ein gelungener Abschluss des Tages.

Note: Linguistisch gibt es gleich zwei interessante Informationen über den Namen des Berges. Das Kanji 蒜 von 蒜山 bedeutet Knoblauch, viele kennen das Wort vielleicht nur als にんにく (Ninniku), der Kun-Lesung des Kanji, da es oft einfach nur in Katakana geschrieben wird. Das Kanji 山, das oft yama oder san/zan gelesen wird, hat hier die Lesung “sen”. Soweit mir bekannt ist, haben mehrere Berge in der San’in-Region am Japanischen Meer, speziell in den Präfekturen Tottori, sowie an den Grenzregionen in Shimane, Okayama und Hyogo, die Lesung von “sen”. Laut folgendem Link ist dies darauf zurückzuführen, dass Bewohner dieser Region seit langer Zeit die Berge mit “sen/zen” benannt haben. Der andere Grund kommt aus dem Buddhismus. So gibt es einige Berge in anderen Regionen, die für spirituelle Praxis dienten und auch heute noch mit “sen” gelesen werden, wie z.B. der Misen 弥山, ein berühmter Berg auf Miyajima, einer Insel nahe Hiroshima und weltbekannt durch das große Torii im Wasser.

<10km, 1-3h, 100 Blumenberge, 1000m-1500m, 2024, Akita, Japan 200, Tohoku 100

Moriyoshi-san / 森吉山

Wie ich schon des oefteren geschrieben habe, bin ich grosser Fan der Tohoku Region in Japan. Tohoku liegt noerdlich von Tokyo und hat daher auch ein leicht angenehmeres Wetter. Nach einem langen, heissen Sommer, zu Beginn des Herbstes plante ich ein verlaengertes Wochenende in der noerdlichen Akita Region. Einer der Berge von dem ich schon oefterer hoerte, aber noch nie geschafft habe in der Region vorbeizuschauen ist der Morioyoshi-san 森吉山. Im Winter ist der Berg bekannt wegen der vielen Skigebieten in der Region und den sogenannten Schneemonster, mit Schnee bedeckte Baeume die dadurch aussehen wie Eisgiganten. Im Sommer ist der Berg ein beliebtes Ziel fuer Wanderer, nicht zuletzt weil der Zugang ueber die vielen Seilbahnen relativ einfach ist.

Man muss nicht mit der Seilbahn hoch, dennoch ist es wohl der einfachste Weg. Andere Routen dauern ein paar Stunden laenger, koennen aber ebenso als Tagestrips absolviert werden. Ich entschied mich, die Seilbahn vom Ani Skigebiet 阿仁スキー場 zu nehmen. Der Preis ist mit 2000 Yen fuer das Return Ticket (Stand: October 2024) relativ teuer, allersings muss ich sagen, dass es eine sehr lange Seilbahn ist. Waehrend es an anderen Bergen Seilbahnen gibt die nur 5-10 Minuten fahren, geht die Fahrt am Moriyoshi-san knapp 30 Minuten und erlaubt auch relativ interessante Weitblicke ueber die Landschaft. Einige Besucher fahren auch nur mit der Seilbahn um oben einen guten Blick auf die Umgebung zu bekommen.

Oben angekommen ist es dann nur noch ne knappe Stunde bis zum Gipfel des Moritoshi-san. Schnell durchbricht man auch die Baumgrenze und hat auch schnell nur noch Straeucher links und rechts des Weges, bis es dann immer freier wird und man den Gipfel des Moriyoshi-san bereits sieht. Auf halber Strecke gibt es den Gipfel des Ishimori 石森, auf dem man eine kurze Rast einlegen kann. Begibt man sich weiter in Richtung Gipfel, dann kommt man irgendwann an einer Berghuette vorbei, von der es dann nicht mehr weit ist. Da der Berg relativ einfach zu erreichen ist, gibt es viele Leute allen Alters, die auf der Hochebe wandern. An dem verlaengertem Wochenende wo ich dort war, gab es sogar so viele dass es sich kurz vor dem Gipfel sogar ein wenig gestaut hat. Zum Glueck ist der Gipfel relativ weitflaechig, so dass man dort genug Platz hat. Oben angekommen wartet eine wunderbare 360 Grad Aussucht auf die Berge von Akita und an guten Tagen kann man bis nach Iwate schauen.

Auf dem Rueckweg kann man noch einen kleinen Abstecher zur benachbarten Spitze des Ichinokoshi 一ノ腰 machen. Der Abstecher dauert ca. 1h fuehrt aber dafuer auch an einem Bergschrein sowie dem Kanmuri-iwa 冠岩 vorbei, einem imposanten grossem Stein/Fels. Allen in allem ist der Berg sehr zu empfehlen. Als einer der 200 beruehmten Berge von Japan 日本二百名山 sowie als einer der ausgewaehlten 100 Blumenberge von Japan 花の百名山 ist er auch reich an abwechslungreicher Fauna.